Die wichtigsten Tipps direkt vom Gutachter für den Besichtigungstermin Ihrer zukünftigen Immobilie.

Viele Menschen kaufen ein Eigenheim und leisten beim Notar die „teuerste“ Unterschrift in Ihrem Leben – und das oftmals ohne nennenswerte Kenntnisse aus der Immobilienbranche.

Auch der Kauf einer Kapitalanlage ist eine große Investition. Wenn es um Ihr Vermögen geht, sollten Sie sich so gut wie möglich beraten lassen oder sich selbst das nötige Wissen aneignen, um eine gute Kaufentscheidung zu treffen. Ich möchte Ihnen hier für Ihre Besichtigungstermine einige Hinweise mit auf den Weg geben.

Wenn Sie eine Immobilie zum ersten Mal besichtigen, dann befinden Sie sich erst einmal auf unbekanntem Boden. Sie haben eventuell schon Bilder gesehen oder auch einen Grundrissplan, der dem Exposé beigefügt wurde. Das Raumempfinden können Sie einem Foto aber einfach nicht entnehmen. Gerade wenn der Verkäufer die Bilder selbst aufnimmt, zeigt er gern erstmal die Schokoladenseiten der Immobilie. Wenn die Bilder von einem Makler gemacht worden sind, sind Sie etwas objektiver aber auch mit dem Ziel eines erfolgreichen Verkaufs erstellt. Auch hier empfiehlt es sich genau hinzusehen. Einige Makler folgen dem fragwürdigen Trend, selbst beim Fotografieren von Gäste-WC und Co., zum Weitwinkelobjektiv zu greifen, so dass die Bilder am Ende höchstens noch eine sehr kurvige Interpretation der tatsächlichen Immobilie sind.

Da in den neuen Räumlichkeiten viele Eindrücke auf Sie einprasseln, insbesondere wenn die Immobilie noch möbliert und bewohnt ist, sind Ihre Augen beschäftigt. Meist unterhalten Sich Makler bzw. Verkäufer während der Besichtigung mit Ihnen und so können Sie leicht etwas Wichtiges übersehen.

Es empfiehlt sich daher eine Checkliste zu schreiben, an der man sich entlanghangeln kann und wichtige Fragen zu notieren, auf die Sie eine Antwort benötigen. In der Praxis hat sich für mich außerdem die Vorgehensweise bewährt, jede Immobilie nach einem bestimmten Schema zu besichtigen und aufzunehmen.

 

Die Besichtigung beginnt nicht im Haus, sondern davor.

Planen Sie sich vor Ihrem Besichtigungstermin Zeit ein, um die Nachbarschaft zu erkunden. Machen Sie sich ein konkretes Bild von der Lage und vom Erscheinungsbild der unmittelbaren Umgebung. Sehen Sie sich unbedingt die gesamte Straße an. Ist diese stark beansprucht und muss in nächster Zeit erneuert werden, erheben die Kommunen Straßenausbaubeiträge. Wenn vor dem Haus die Bagger anrollen, wird es für die Anlieger oft richtig teuer und das sollten Sie lieber mit einkalkulieren.

Betrachten Sie die Immobilie von außen. Welche Fassade hat sie? Können Sie erkennen ob es ein Wärmeverbundsystem gibt? Wie sehen die Fenster aus? Gibt es Rollläden? Welchen Eindruck machen die Außenanlagen und die Haustür? Wie sieht die Dacheindeckung aus?

 

Im Inneren sollte man jeden Wohnraum genau betrachten und sich in aller Ruhe die Bodenbeläge, die Wand- und/oder Deckenbeläge, die Heizkörper und die Fenster ansehen. Welche besonderen Ausstattungsmerkmale gibt es?

Bei den Fenstern lohnt es sich genauer hinzusehen. In dem Abstandshalter der Verglasung finden Sie häufig das Baujahr der Fenster. Sind sie aus Holz oder Kunststoff? Gibt es im Bereich der Fenster Stockflecken oder Schimmelspuren?

Bei den Sanitärräumen kommt es vor allem auf die Ausstattung an. Achten Sie auch hier auf Feuchtigkeit und Schimmel. Gibt es ein Fenster oder Abluft? Ist die Abluft funktional? Betätigen Sie den Lichtschalter und warten bis sie anspringt. Wenn das Bad saniert wurde, fragen Sie nach, ob die Verrohrung ebenfalls erneuert wurde.

In der Küche gilt Ähnliches. Der Klassiker hier sind ebenfalls feuchte Wände oder zu wenige Steckdosen.

Lassen Sie sich unbedingt das Dach zeigen. Auch wenn es eine Klappe in der Decke ist und der Aufstieg unkomfortabel sein sollte, ich kann Ihnen nur raten: Rauf da!

Hier sollten Sie sich die Dämmung ansehen und sofern sie können auch das Gebälk. Wenn sie auf Dachbalken schöne Schnörkel oder kleine Löcher entdecken oder wenn auf dem Boden brauner Staub ist, dann liegt die Vermutung nahe, dass hier Totholzschädlinge am Werk waren. Ohne entsprechende Schädlingsbekämpfung verarbeiten diese Winzlinge jede tragende Holzkonstruktion in Holzmehl. Weiter ist interessant, ob es eine mögliche Ausbaureserve unterm Dachboden gibt. Wenn Sie von einem Dachfenster aus aufs Dach blicken können, nutzen Sie die Gelegenheit und sehen sich die Eindeckung aus der Nähe an.

Bei Balkonen und Terrassen werfen Sie Ihr Augenmerk immer auf die Abdichtung und die Wandabschlüsse. Als Gutachter habe ich immer eine Kugel dabei, die ich rollen lasse, um festzustellen wie das Gefälle ist. Wenn Wasser nicht vernünftig abfließen kann und eventuell noch Fugen porös sind, dann können Sanierungskosten auf Sie zukommen. Werfen Sie bei Balkonen immer einen Blick von unten darauf. Hier können Sie oftmals schon vorhandene Feuchtigkeitsschäden erkennen.

Im Keller achten Sie unbedingt auf Schimmel und Putzabplatzungen sowie Salzausblühungen. Wenn es eine Kelleraußentreppe gibt oder das Objekt im Hang liegt, dann beachten Sie besonders die betreffenden Außenwände.

Wie alt ist die Heizung? Welche Brennstoffart? Läuft Warmwasser über die Heizungsanlage? Ein Blick auf die Plakette (manchmal ist es auch nur ein Zettel) und sie sehen auch ob die Heizung regelmäßig gewartet wurde.

Im Hausanschlussraum lassen Sie sich den Sicherungskasten zeigen. Wirkt er ordentlich, neu und vernünftig beschriftet oder herrscht hier Chaos und es finden sich altertümliche Sicherungen darin?

Was ist mit der Verrohrung? Wirken die Rohre eher gräulich könnte es sich noch um Bleirohre handeln. Versuchen Sie eine Kerbe mit dem Daumennagel hineinzudrücken. Wenn das geht, haben Sie Gewissheit. Sehen die Rohre rötlich aus, dann bestehen Sie aus Kupfer und es gibt keinen Anlass zur Sorge.

 

Sie sehen es gibt einiges zu beachten. Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen und Haken Sie Ihre Punkte für sich ab. Als gewissenhafter Interessent zeigen Sie dem Verkäufer so auch Ihr qualifiziertes Interesse an dem Objekt.

Natürlich haben Sie die Möglichkeit eine Kaufbegleitung oder Ankaufberatung bei einem qualifizierten Immobiliengutachter in Anspruch zu nehmen, der die Routine, die Fachkompetenz und das geschulte Auge für Schwachstellen an Gebäuden mitbringt. Die Beauftragung eines sachkundigen Dritten, kann Ihnen die Sicherheit geben, eine gute Kaufentscheidung zu treffen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer nächsten Besichtigung.