Zuerst zur Bank oder zuerst zur Besichtigung?
Welche Objekte sind als Investment geeignet und überhaupt – in welcher Lage?
Der Gedanke sein Geld „in Betongold anzulegen“ und es für sich arbeiten zu lassen, klingt zunächst sehr reizvoll. Sie möchten sich unabhängiger machen, Ihr Vermögen aufbauen und vielleicht sogar perspektivisch beruflich kürzer treten.
Nur wie fangen Sie das Ganze am besten an?
Zuerst zur Bank oder zuerst zur Besichtigung? Welche Objekte sind als Investment geeignet und überhaupt – in welcher Lage??
Das erste Immobilieninvestment ist das Schwierigste. Es gibt einiges zu beachten und – machen wir uns nichts vor – es ist auch mit Risiken verbunden. Denen begegnet man am besten mit viel Wissen und einer guten Vorbereitung.
Eine gute Möglichkeit sich vorzubereiten ist eine Ankaufberatung bei einem ansässigen Immobiliengutachter in Anspruch zu nehmen. Hier erfahren Sie, welche Fragen Sie unbedingt stellen sollten, worauf sie bei der Besichtigung achten sollten und welche Unterlagen Sie vom Verkäufer benötigen und wie man sich die wesentlichen Informationen aus den Dokumenten herausfiltert.
Meine Kunden wünschen sich häufig, dass ich Sie zur Besichtigung begleite und das Objekt für sie in Augenschein nehme. Sollten hier Bauschäden oder sonstige Mängel ersichtlich werden, so fasse ich für sie die wertmindernden Aspekte zusammen und gebe ihnen so ein sachlich begründetes Fundament für ihre Kaufpreisverhandlungen an die Hand.
Einen Sachverständigen zu Rate zu ziehen macht immer dann Sinn, wenn Sie selbst nicht vom Fach sind.
Machen Sie sich Gedanken um Ihre Kapitalbeschaffung
Zuallererst gehen Sie zur Bank bzw. zum Finanzberater Ihres Vertrauens und prüfen Ihre Finanzierungsmöglichkeiten. Das Schöne an der Assetklasse Immobilie ist, dass man mit einem hohen Anteil an Fremdkapital investieren kann.
Als Praxistipp kann ich mitgeben, dass man mindestens die Kaufnebenkosten als Eigenkapital haben sollte. In Zeiten steigender Zinsen empfiehlt es sich allerdings deutlich mehr Eigenkapital mitzubringen, damit die Zinsen die Rendite nicht vollständig schlucken. Ferner sollte die persönliche Vermögensbilanz deutlich positiv ausfallen, damit die Rückzahlung des Darlehens auch bei Leerstand und Mietausfall nicht zum Problem wird.
Konkretisieren Sie Ihr persönliches Ankaufprofil
Ich nenne Ihnen ein Beispiel, wie es einige Großinvestoren machen. Sie investieren z.B. bevorzugt in B-Lagen und kaufen Wohnanlagen aus den 70er oder 80er Jahren an. Hier gibt es an vielen Stellen Renovierungsstau.
Bäder in Bahama-Beige und Bali-Braun, PVC-Böden, möglicherweise auch Elektroleitungen die noch über Putz verlegt sind. Manch einen gruselt es schon bei dem Gedanken an das grüne Porzellan – aber die Strategie ist gut, denn im Rahmen der natürlichen Mieterfluktuation wird sukzessive durchrenoviert und teurer vermietet. Der Wert des Investments steigt kontinuierlich durch den steigenden Ausstattungsstandard und die Vermietbarkeit wird auch immer besser. Vor allem in Zeiten mangelnden Wohnraumes.
Aber was bedeutet das jetzt konkret für Sie?
Die klassische Einstiegsimmobilie für angehende Immobilieninvestoren ist häufig eine vermietete Eigentumswohnung.
Da es oftmals nicht direkt am Anfang für ein ganzes Mehrfamilienhaus mit mehreren Wohnungen reicht, sollten Sie ihr Mietausfallrisiko im Blick behalten.
Insbesondere 1 und 2 Zimmerwohnungen erleben einen häufigeren Mieterwechsel als 3 Zimmerwohnungen. Das kann in einem Ballungsraum ein Vorteil sein, denn Sie können Ihre Miete nach jedem Mieterwechsel neu anpassen. In einer ländlicheren Region haben Sie bei einer kleinen Wohnung das Risiko längerer Mietausfälle. In Ballungsräumen sind die Marktpreise aber auch tendenziell höher und sie starten mit höheren Investitionskosten.
Welche Strategie Sie für sich auswählen müssen Sie selbst entscheiden. Wichtig ist nur, dass Sie sich Gedanken machen, welche Strategie Sie verfolgen, welche Risiken Sie bereit sind einzugehen und welche Kriterien der Standort, sowie das Objekt Ihrer Wahl erfüllen muss.
Finden Sie Ihre Immobilie
An dieser Stelle darf man endlich mal sagen: Viel hilft viel!
Gelegentlich abends auf der Couch bei Immobilienscout24 zu suchen, reicht nicht aus. Bedienen Sie auch die anderen Portale, hinterlegen Sie Suchprofile und kontaktieren Sie Makler an Ihrem Standort um Ihr Gesuch zu hinterlegen um mit ein bisschen Glück Offmarket-Angebote zu erhalten. Auch Ihr Baufinanzierer weiß oft von Immobilienverkäufern, bevor die Immobilie auf den Markt kommt.
Ihr Weg zur notariellen Beurkundung
Für Ihren Besichtigungstermin darf ich Ihnen noch einen Hinweis geben, den Einsteiger manchmal nicht bedenken. Nehmen Sie Abstand von persönlichem Geschmack und Ihren eigenen Ansprüchen an Ihren privaten Wohnraum.
„Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.“
Eine Immobilie, die Sie selbst nie im Leben bewohnen würden, kann trotzdem eine hervorragende Kapitalanlage sein und umgekehrt, eine Immobilie, in die Sie selbst sofort einziehen könnten, kann sich überhaupt nicht rechnen. Sehen Sie sich auch Immobilien an, die Ihnen optisch nicht gefallen, sich aber überschlägig rechnen könnten.
Wenn Sie nun eine interessante Immobilie gefunden haben und bei der Besichtigung mit Ihrem Sachverständigen keine Bauschäden oder Ähnliches ersichtlich geworden sind, dann kommunizieren Sie Ihr Interesse und fordern alle Unterlagen an.
Bei einer klassischen Eigentumswohnung sind das:
- Der Grundbuchauszug
Eigentumswohnungen sind dem Wohnungsgrundbuch zugeordnet. Hier finden sich keine Grundstücke, sondern so genannte grundstücksgleiche Rechte und Informationen zu Rechten, Lasten, Eigentumsverhältnissen oder auch Hypotheken.
- Die Teilungserklärung
Die Teilungserklärung beinhaltet einen Aufteilungsplan, eine Abgeschlossenheitsbescheinigung und eine Gemeinschaftsordnung. Sie umfasst etwa 30 Seiten, kann aber auch deutlich länger sein. Jede Einheit wird eine Nummer zugewiesen und farblich markiert. Hier findet man Sondernutzungsrechte und eine genaue Definition was eigentlich Gemeinschaftseigentum und was Sondereigentum ist. Bei Kellern und Parkplätzen sollte man lieber sichergehen und genau darauf achten.
- Die letzten 3 Protokolle aus den Eigentümerversammlungen
Hier können Sie direkt identifizieren ob es Streithammel unter den Miteigentümern gibt der ob es schon Rechtstreitigkeiten untereinander gegeben hat. Interessant ist auch zu wissen, ob alle brav ihr Hausgeld bezahlen.
- Die Beschlusssammlung des Verwalters
Die Beschlusssammlung gibt Ihnen eine gute Übersicht über Maßnahmen, die beschlossen wurden und die Historie der Eigentümergemeinschaft.
- Wirtschaftsplan und Hausgeldabrechnungen
Achten Sie auf die Einzelpositionen. Sind die Kosten pro m² angemessen? Zahlen Sie eventuell für Kosten, die Ihre Wohnung gar nicht betreffen? (z.B. Aufzugkosten bei einer Erdgeschosswohnung). Wie sieht die Instandhaltungsrücklage aus? Ist eine vorhanden und wenn ja wie hoch?
- Der Energieausweis
Prüfen Sie, ob der Energieausweis verbrauchs – oder bedarfsorientiert ist. Sie benötigen letzteren. Der Energiebedarf hat nicht nur Auswirkungen auf die Nebenkosten und die Wertentwicklung des Objektes, sondern auch auf die Vermietbarkeit.
- Der aktuelle Mietvertrag
Welche Nebenkosten darf ich laut Mietvertrag umlegen?
Welche Mietanpassungsklausel ist vertraglich festgehalten? Ist das Mietverhältnis gegebenenfalls befristet? Wie hoch ist die Kaution und ist diese noch vorhanden? Das sind nur einige Fragen, denen Sie nachgehen sollten.
Wenn alle Unterlagen vollständig sind, ist es Zeit sich bei Ihrem Finanzierer Ihre Darlehensangebote auf die Immobilie maßschneidern zu lassen. Vergleichen Sie Zinsen, Zinsbindungen und mögliche Szenarien bei unterschiedlichem Kapitaleinsatz. Sie müssen unbedingt festlegen, wo Ihre Schmerzgrenze liegt und
Sie müssen eines ganz besonders – schnell sein, denn gute Kapitalanlagen gehen weg wie warme Semmeln.
Sie erstellen nun Ihre eigene Rechnung und kalkulieren die erzielbare Miete, Ihre Rendite, lassen den Kaufpreis von Ihrem Sachverständigen überprüfen und sammeln mit seiner/ihrer Hilfe Argumente für die Kaufpreisverhandlung.
Lassen Sie sich nicht dazu hinreißen Ihre Grenzen zu überschreiten, weil Sie den Abschluss unbedingt möchten. Versuchen Sie sachlich zu bleiben und fokussieren Sie sich auf Ihre Zahlen und Argumente.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem ersten Immobilieninvestment!